John W. Young: Ein Leben zwischen Erde und Mond
von Gerhard Daum
Der erfahrenste Astronaut unserer Zeit hat 40 Jahre Raumfahrtgeschichte miterlebt. Er berichtet über sein Leben mit der Schwerelosigkeit.
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Am 25. Mai 1961 – nur drei Wochen nach dem ersten bemannten amerikanischen Raumflug von Alan Shepard – hielt Präsident John F. Kennedy eine vielbeachtete Rede mit der Vision, bis zum Ende des Jahrzehnts einen Menschen auf den Mond zu schicken und wieder sicher zur Erde zurückzubringen. Damit gab er den Startschuss für das Mondlandeprojekt Apollo.
Inspiriert von dieser Rede bewarb sich der damals 31jährige John Young als Astronaut: „Eine gute Idee, da mitzuwirken dachte ich. Ich war Testpilot in Paxriver und schlug meinen Freunden vor, dass wir uns bewerben sollten. Einige von uns wurden dann ausgewählt.“ erklärte John Young seinen Entschluß.
Nach dem ersten ballistischen Mercury Flug am 5. Mai 1961 suchte die NASA bereits neue Astronauten für das Nachfolgeprojekt Gemini.
Im September 1962 wurde Young als einer von neun, der sogenannten „Group 2“, als Astronaut ausgewählt. Auf die Frage nach seiner Aufgabe antwortete Young: „Als ich als Astronaut begann wurde mir als technische Verantwortung die Aufgabe des „Crew-Equipments“ zugeteilt, obwohl ich lieber bei Wiedereintritts- und Rendezvous-Szenarien mitgearbeitet hätte! Vermutlich lag das daran, dass ich als Testpilot sehr viel Zeit in Druckanzügen verbracht hatte.
Unter meiner Führung wurde unter anderem ein Überlebenspaket (Survival Kit) entwickelt, das weltweit für Menschen, die in gefährliche Situationen kommen oder solche, die aus Flugzeugen springen, eingesetzt wird.“
Der Inhalt und der Ablauf des Trainings der Astronauten mussten weiterentwickelt werden. „Da niemand bisher eine Ahnung hatte, wie man Astronauten trainiert, mussten wir unser eigenes Training machen. So überlegten wir also, wie wir uns am besten für Rendezvous und Docking-Manöver in den Simulatoren vorbereiten konnten. Unsere Auswertungen wurden von McDonnell Douglas-Ingenieuren analysiert und kamen dann zur Anwendung.“
Young Silver Spacesuit
Young WSS
Das Projekt Mercury – Der Wettlauf mit der Sowjetunion beginnt
Ein Jahr nach dem Start des ersten Satelliten Sputnik 1, wurde am 7. Oktober 1958 das Projekt Mercury aus der Taufe gehoben. Schon immer war es der Traum der Wissenschaftler, Menschen in den Weltraum zu schicken und sicher wieder zur Erde zurückzubringen. Das Projekt Mercury der NASA brachte diesen Traum vom bemannten Flug ins All in greifbare Nähe.
Zu diesem Zeitpunkt wusste man noch nicht viel über den Weltraum. Also machten sich Techniker daran, ein Raumschiff zu entwickeln, welches die Raumfahrer vor extremen Temperaturen, dem Vakuum und den neu entdeckten kosmischen Strahlen schützen sollte. Wichtig war auch, dass die Innentemperatur des Raumschiffes beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre nicht allzu sehr anstieg. All diese Anforderungen erfüllte eine flügellose Kapsel die mit einem Hitzeschild versehen war.
Zwei verschiedene Trägerraketen kamen beim Mercury Programm zum Einsatz. Für die ballistischen Flüge verwendete man – die von Wernher von Brauns Team entwickelte – Redstone-Raketen. Die verbesserte Interkontinentalrakete des Typs Atlas D, deren Hülle aus Gründen der Gewichtsersparniss so dünn war, dass sie vom Luftdruck zusammengedrückt worden wäre, hätte man sie nicht von innen unter Druck gesetzt, wurde für die Orbitalflüge eingesetzt.
Anfang Januar 1959 legte die NASA bereits die Qualifikationen für die Piloten des Mercury-Projektes fest. Sie sollten jünger als 40, kleiner als 1,80 Meter sein und über eine hervorragende Gesundheit verfügen. Ferner mussten sie als Absolventen der Testpilotenschule mindestens 1500 Flugstunden nachweisen, Erfahrungen auf Düsenflug-zeugen und ein Diplom auf wissenschaftlich oder technischem Gebiet besitzen. Die vorgeschriebene Körpergröße bezog sich auf die enge Mercury Raumkapsel, die mit ihren 120 Kontrollelementen, 55 elektrischen Schaltern, 30 Sicherungen und 35 mechanischen Hebeln, wenig Bewegungsfreiheit bot.
Aus einer Gruppe von 110 erfahrenen Militärpiloten wurden im April 1959 sieben geeignete Piloten ausgesucht, die nun in härtester Ausbildung auf ihren Flug mit dem Mercury-Raumschiff vorbereitet wurden. Sechs der sieben Astronauten kamen zum Einsatz. Donald K. Slayton, wurde wegen eines Herzfehlers aus dem weltalltauglichen Kader genommen, spielte aber als Chefastronaut eine Hauptrolle bei der Auswahl künftiger Raumschiffbesatzungen. 1975 allerdings kam er dennoch, beim historischen ASTP-Treffen der Russen und Amerikaner im Weltall, zu seinem ersten Raumflug. Zwei Rhesus-Affen und ein Schimpanse lieferten als erste „Testpiloten“ des Mercury Projekts wichtige medizinische Erkenntnisse.
Die amerikanische bemannte Raumfahrt begann am 5. Mai 1961 mit dem ballisitischen Flug von Alan Shepard der 15 Min 28 Sekunden dauerte. Nach insgesamt sechs Mercury-Flügen (zwei ballistische und vier orbitale) wurde das Programm am 16. Mai 1963 mit dem letzten Flug von Gordon Cooper abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt arbeiten nur 500 von 2500 Mitarbeitern im Raumfahrtzentrum (Manned Spacecraft-Center in Houston) am Mercury-Programm.
Alle anderen Ingenieure und Techniker arbeiteten bereits an den Projekten Gemini und Apollo. Mercury hatte die Erkenntnis gebracht, dass der Mensch im Weltraum leben und arbeiten konnte.
Das Projekt Gemini – Rendezvous, Dockings und EVA`s
Als das Apollo-Projekt bereits im Gang war, gab die NASA am 7. Dezember 1961 bekannt, das existierende Raumfahrtprogramm von Mercury und Apollo, um die Entwicklung einer Zwei-Mann-Raumkapsel zu erweitern. Das Projekt bekam am 3. Januar 1962 den Namen Gemini, benannt nach dem Sternbild „Zwilling“ mit den Sternen Kastor und Pollux.
Nach dem Auswahlverfahren wurde jedem der zukünftigen Astronauten ein „Technical Assignment“, für die Entwicklung von Gemini zugewiesen.
Gemini galt als Fortsetzungsprogramm des Mercury-Projektes und bildete die Brücke zu Apollo. Die Geschichte des zweiten bemannten amerikanischen Raumfahrtprojektes begann bereits, als das Mercury-Projekt noch mitten in der ersten Entwicklung steckte, im April 1959.
NASA-Techniker stellten zu diesem Zeitpunkt erste Überlegungen an, wie das Nachfolgeprojekt aussehen könnte und welche Aufgaben es erfüllen sollte. Vom „bemannten Forschungslaboratorium“ in der Umlaufbahn, der Erprobung von Rendezvous-Techniken bis hin zur der Entwicklung höchst akkurater Lenk- und Kontrollsysteme, reichten die Vorstellungen.
Das Programm Gemini war dringend erforderlich um das Ziel – die erste Mondlandung noch in dem damaligen Jahrzehnt – zu verwirklichen. Neben den erforderlichen Techniken sollte ausserdem die Möglichkeit erprobt werden, den Aufenthalt von Astronauten im Weltraum auf bis zu zwei Wochen auszudehnen.
Das Raumschiff selbst war eine Verbesserung des Mercury-Raumschiffs mit dem ursprünglichen Namen Mercury Mark II. Die Gemini Kapsel bekam von den Astronauten den Spitznamen „Gusmobil“ weil Gus Grissom Modifikationen am Design vorgeschlagen hatte. Der zu Verfügung stehende Innenraum wuchs, trotz steigender Masse von 3630 Kilogramm lediglich um 50 Prozent. Zwei Schleudersitze ersetzten bei Gemini den Rettungsturm der Mercury-Kapsel. Anstelle von Batterien verwendete man hier Brennstoffzellen zur Stromerzeugung. Die technische Philosophie ging davon aus, dass Gemini ein sehr viel flexibleres, operatives Gerät für den bemannten Raumflug, dass es vielseitiger und für mehr Aufgaben verwendbar sein müsse. Dies setzte, im Gegensatz zur Mercury, eine Steuerung voraus, damit man sich vor-, rück- und seitwärts bewegen und sogar seine Bahn ändern konnte. Für diese komplexe Aufgabe musste das Raumschiff mit zwei Personen bemannt werden und sogar der Einsatz von Computern wurde für die komplizierten Treffen im All notwendig. Ferner wurde ein Orientierungs- und Navigationssystem und ein Rendezvous Radar entwickelt. Die Systeme wurden später die Grundlage für die Mondlandungen.
Man verbesserte die militärische Titan I-Rakete zur Titan II-Rakete um eine erhöhte Schubkraft der Trägerrakete zu gewährleisten. Zielsatelliten für Rendezvous-Übungen wurden unbemannte Agena-Oberstufen, die jeweils vor den Gemini-Raumschiffen gestartet wurden.
Das Gemini-Raumschiff erwies sich als sehr servicefreundlich und war für die jeweiligen Erfordernisse rasch umzubauen. Ein Zusatzteil, das während der Erdumkreisung mit dem Raumschiff verbunden blieb, enthielt das Bremssystem und den Adapterring für das Lagekorrektursystem, sowie die Stromversorgung. Das Haushalten und Schlafen in einem Raumschiff, erwies sich für die Astronauten als äusserst schwierig und musste erst gelernt werden. Für die Ausstiege in den freien Weltraum wurden neue, widerstandsfähige Raumanzüge entwickelt.
Das Gemini-Programm bewies, dass man im Weltraum leben und Experimente durchführen konnte. Ein Rendezvous mit einer Kopplung war im Verlauf des Gemini-Programms zur Routine geworden.
Von Cape Canaveral aus wurden in weniger als 20 Monaten zehn bemannte Gemini-Missionen gestartet.
Jungfernflug der Gemini Kapsel
Young wurde für den ersten bemannten Testflug der Gemini-Raumkapsel im April 1964 als Pilot ausgewählt. Mercury Astronaut Virgil I. „Gus“ Grissom wurde als Kommandant für diese Mission bestimmt. Als Ersatzcrew waren Walter M. Schirra Jr. und Thomas P. Stafford benannt. Gemini 3 startete am 23. März 1965 um 9:24:00 EST zu einer Mission von 4 Stunden, 52 Minuten und 31 Sekunden mit insgesamt drei Erdumkreisungen.
In Anlehnung an den Broadway-Hit „The unsinkable Molly Brown“ gab Grissom der Gemini 3 Kapsel den Namen „Molly Brown“, übrigens die einzigste Namensgebung einer Gemini-Raumkapsel durch Astronauten.
Hauptziel des Fluges war der Test des neuen, manövrierbaren Raumschiffes. Dreimal umkreisten die Astronauten Grissom und Young die Erde in einem technisch hochgezüchteten Raumfahrzeug, das einen mikrominiaturisierten Computer und viele andere automatische Systeme an Bord hatte. Dank derer wurde die bemannte Raumfahrt nun zu einem aktiven Unternehmen der beteiligten Piloten, und nicht mehr nur ein „Sich-fliegen-Lassen“ der Astronauten. Im Weltraum zündeten die Astronauten die Steuertriebwerke und änderten damit den Verlauf ihrer bisherigen Bahn, dabei wurde unter anderem die Bahnhöhe erhöht sowie abgesenkt. „Es war der erste Flug, ein Testflug um alle Systeme des Gemini Programms zu überprüfen. Gus prüfte mehr als 12 verschiedene Systeme. Wir konnten alle Manöver durchführen die für ein Rendezvous benötigt wurden. Im Verlauf des Gemini-Programms mußten wir die Standard Ausstiege entwickeln, die sogenannten EVA`s (Extra Vehicular Activity). Das war sehr ungewöhnlich.“ Als die Astronauten ihr Raumschiff in die Landeposition brachten, wurden sie mit solcher Gewalt nach vorne geschleudert, dass Grissoms Visier brach und Youngs Visier Kratzspuren aufwies. Zwar sank die „Molly Brown“ nicht, aber wegen der relativ großen Entfernung zum Hauptbergungsschiff mussten die beiden Astronauten über 30 Minuten in der verschlossenen Kapsel auf dem Meer treiben, während die Temperatur im Inneren enorm anstieg. „Durch den geringen Resttreibsstoff den wir noch hatten, landeten wir knapp 100 Kilometer vom Bergungsschiff entfernt doch die Wasserung verlief ohne Probleme.“ Trotz allem erwies sich das zweisitzige Gemini-Raumschiff bei seinem ersten bemannten Einsatz als weltraumtauglich und war somit für schwierigere Aufgaben bereit. „Es war ein sogenannter „End to End“ Testflug der insgesamt erfolgreich war da wir alle Aufgaben, die geplant waren, erfüllt hatten. Ich war sehr beeindruckt, dass wir durch Manöver unsere Umlaufbahn wechseln können. Der Flug zeigte das Gemini das alles konnte was es sollte.“ betonte Young.
Bei seiner zweiten Mission Kommandant
Am 18. Juli 1966 um 17:20:26 EST etwa 14 Monate nach seinem ersten Flug, startete Young als Kommandant von Gemini 10 seine zweite Gemini Mission. Zweites Crew-Mitglied für die 2 Tage, 22 Stunden, 46 Minuten und 39 Sekunden dauernde Mission, war Michael Collins. „Es war eine Rendezvous und Docking Mission mit geplantem Ausstieg von Mike.“
Bereits 5 Stunden und 52 Minuten nach dem Start absolvierte Young die erste störungsfreie Kopplung mit einer Agena-Rakete. In gekoppeltem Zustand zündeten die Astronauten für die Dauer von 80 Sekunden das Triebwerk der Agena-Rakete und brachten sich dadurch mit der Raumkapsel auf 763 Kilometer Höhe. Das war selbst für die Astronauten ein imposantes Ereignis. Unter negativer Beschleunigung wurde eine neue Umlaufbahn von 763 x 294 Kilometer um die Erde erreicht. Niemals zuvor waren Menschen weiter von der Erde entfernt gewesen. Eine weitere Zündung der Agena für die Dauer von 78 Sekunden gegen die Flugrichtung brachte die Astronauten wieder in eine niedrigere Umlaufbahn und in die Nähe der Agena von Gemini XIII. „Die Agena wurde auch dazu benutzt um die Umlaufbahn zu erhöhen, um die Rendezvous einfacher durchzuführen und um die vielfältige Verwendbarkeit von Gemini zu prüfen. Die Agena hatte ein größeres Triebwerk sowie mehr Treibstoff. Dadurch konnten wir eine Flugbahn von 763 Kilometer Höhe erreichen.“ so Young.
Mit einer „Steuerpistole“ an einer 15 Meter langen „Nabelschnur“ hängend, stieg Collins aus der Kapsel aus und näherte sich der Agena. Collins war der Erste im Weltraum, der einen anderen Raumflugkörper „betrat“. Collins Aufgabe bestand darin, ein Messgerät für die Sammlung von kosmischem Staub von der Agena zu entfernen. Allerdings drohte diese Exkursion von zwei Stunden und sieben Minuten Dauer zu einem Desaster zu werden, als sich seine Nabelschnur kurz vor dem Einstieg in die Kapsel verwickelte. Trotz dieses Mißgeschickes war die Mission ein voller Erfolg. Erstmals wurde ein anderer Satellit als Schlepper für ein bemanntes Raumschiff verwendet. Neben Collins Ausstieg gab es noch etliche Experimente bei offener Luke. Gemini 10 bewies, dass die Strahlung in einer großen Bahnhöhe kein wirkliches Problem war.
Gemini 10 landete am 21. Juli 1966 und verfehlte den geplanten Landungspunkt um nur 6,2 Kilometer.
Apollo – das Jahrhundert-Projekt zum Mond
Mit dem Projekt Apollo trat der Wettlauf mit der Sowjetunion zum Mond in die entscheidende Phase. Wegen der anfänglichen Erfolge der Sowjets schien es, als ob die Amerikaner beim Wettlauf zum Mond nur „2. Sieger“ würden.
Apollo machte ein aus drei Komponenten aufgebautes Raumfahrzeug erforderlich:
· Das Command Module (CM): Eine für drei Mann Besatzung ausgelegte Kabine, die gleichzeitig als Rückkehrkapsel diente.
· Das Service Module (SM): Serviceeinheit mit Antriebssystemen sowie Lebenserhaltungs-systemen für die Besatzung.
· Sowie das Lunar Module (LM): Die Mondlandeeinheit mit Lande- und Aufstiegsteil.
Gestartet wurden die Apollo-Kapseln mit Saturn-Trägerraketen. Die Mondrakete Saturn V hatte eine Startmasse von 4890 Tonnen. Mit 111 Metern Höhe war sie die größte jemals gebaute Rakete. „Als ich in das Apollo-Projekt eingestiegen bin, war ich bereits der Ersatz Crew für die zweite Apollo Mission zugewiesen. Während dem Missionstraining kümmerte ich mich um die Entwicklung der Apollo Kapsel. Wir mußten uns mit den ganzen Systemen, den etwa 640 Schaltern und Ventilen vertraut machen. Und wir lernten es sehr schnell. Die Aufgabe und Funktion jedes einzelnen Schalters mußten wir wissen. Sie taten glücklicherweise auch immer das was ihre Beschriftung aussagte.“ erinnerte sich Young.
Mit Apollo 9 wurde das Andocken an die Mondlandefähre, Freiflug der Fähre sowie die Trennung in der Erdumlaufbahn so geübt, wie man es später auf dem Flug zum Mond benötigte. Apollo 9 war der erste Test der Mondlandefähre im Weltraum.
Als sich am fünften Flugtag Jim McDivitt und Rusty Schweickart in die Mondlandefähre „Spider“ begaben, aktivierten sie alle Systeme der Fähre und entfernten sich zunächst für sechs Stunden auf etwa fünf Kilometer von der Kommandokapsel. Anschließend zündeten sie das Abstiegstriebwerk der Mondlandefähre, wobei die Entfernung zum Mutterschiff bis zu 200 Kilometer betrug. Scott und Schweickart führten einen Weltraumspaziergang durch, wobei sie die neu entwickelten Raumanzüge unter Weltraumbedingungen testeten. Diese Anzüge waren erstmals, mit einem vom Raumschiff unabhängigen Lebenserhaltungssystem, ausgestattet. Mit dem Flug von Apollo 9 wurde bewiesen, dass alle Apollo-Komponenten zum Rendezvous und Andocken im All geeignet waren.
Die Generalprobe – Youngs erster Flug zum Mond
Am 18. Mai 1969 um 11:49:00 EST startete John Young, als Pilot der Kommandokapsel, mit Thomas P. Stafford als Kommandant und Eugene A. Cernan als Pilot der Mondfähre zu seiner ersten Expedition zum Mond. Apollo 10 war `zugleich der erste Start von der neu errichteten Startrampe 39B.
Da John Young Experte in der Bedienung der Systeme der Kommandokapsel war, wurde speziell er für diese Mission ausgewählt und auch, weil er – wäre die abgekoppelte Mondfähre in eine Notlage geraten – in der Lage gewesen wäre, die Umlaufbahn zu verlassen und seine Kapsel zur Mondfähre zu manövrieren um an diese anzukoppeln. Young über die Saturn V: „Die Rakete bestand aus drei Stufen und erreichte einen Gesamtschub von knapp 4 Millionen Kilopond. Die erste Stufe S-IC verbrannte durch ihre fünf F-1 Triebwerke flüssigen Sauerstoff mit Kerosin. Die zweite Stufe S-II mit fünf J-2 Triebwerken und die dritte Stufe S-IVB mit einem J-2 Triebwerk verbrannte flüssigen Sauerstoff und Wasserstoff. Wir brauchten etwa 12:30 Minuten um in die Erdumlaufbahn zu gelangen. Die Belastung war dabei nur etwa das zweieinhalbfache des eigenen Körpergewichtes.“ Nach dem Verlassen der Erdumlaufbahn und Trennung von der dritten Raketenstufe war es Young`s Aufgabe die Mondfähre anzukoppeln. Er drehte die 32 Tonnen schwere Kommandokapsel um 180°, flog Richtung dritter Stufe, koppelte die Mondfähre an und zog sie aus der Stufe heraus. Die Apollo 10 Crew stellte auf ihrem Weg von der Erde zum Mond einen Geschwindigkeitsrekord auf. Sie flog mit einer Geschwindigkeit von 39.894,5 Kilometern pro Stunde.
Wie musste es sein zum Mond zu fliegen, hinabzusteigen auf verlockende 15 Kilometer bis zu seiner Oberfläche, Fotos zu machen zum Nutzen der nächsten Mission? Die Apollo 10 Astronauten, Tom Stafford und Gene Cernan kannten dieses Gefühl. Ihr Flug sollte die letzte Generalprobe vor der historischen Landung von Neil Armstrong und Buzz Aldrin sein.
Dies war, neben Apollo 9, die zweite Generalprobe, bevor das Jahrhundertereignis stattfinden sollte. Nach dem ersten Tag im Mondorbit wurde die Mondlandefähre „Snoopy“ abgekoppelt und Stafford und Cernan begannen mit dem Abstieg Richtung Mondoberfläche. Sie brachten die Mondfähre „Snoopy“ in eine schwebende Position über dem Meer der Ruhe. John Young verblieb in 111 Kilometer Höhe über dem Mond in einer kreisförmigen Umlaufbahn.
Als Stafford und Cernan die niedrigste Höhe ihrer Reise erreicht hatten, meldete Cernan: „Hallo Houston, wir sind mittendrin“. „Die Aufgabe war das Rendezvous und Prüfen der Systeme in der Mondumlaufbahn sowie das Fotografieren möglicher Landeplätze für die Mondlandung von Apollo 11. Besondere Schwierigkeit war es zu lokalisieren, wo man sich genau befand, da wir durch jeden neuen Umlauf andere Gebiete überflogen. Dadurch musste die Umlaufbahn mehrmals gewechselt werden. Apollo 11 landete dann etwa zwei Monate später etwa sechs bis sieben Meilen vom geplanten Landeplatz entfernt, weil die Astronauten nicht exakt wussten wo sie sich befanden. Apollo 12 landete fast wie geplant nur etwa zweihundert Meter von ihrem Ziel, der Mondsonde Surveyor III, entfernt, das war ein großer Erfolg.“ erklärte Young. Stafford und Cernan verbrachten zwei Stunden damit, das Meer der Ruhe zu fotografieren. Für Neil Armstrong waren diese Bilder eine große Hilfe, als er sich auf Apollo 11 vorbereitete.
Als Stafford und Cernan den Aufstieg vorbereiteten kam es, aufgrund eines falsch betätigten Schalters, für einen kurzen Moment zu Irritationen. „Snoopy“ bewegte sich auf und ab und wirbelte herum. Stafford schnappte sich die Kontrolle, feuerte das Aufstiegstriebwerk und machte sich daran, Young und die Kommandokapsel „Charlie Brown“ in einem perfekten Rendezvous zu treffen. Anschließend wurde die für eine Mondlandung nicht ausgerüstete Mondlandefähre, „Snoopy“, wieder mit dem Mutterschiff gekoppelt. „Mann, bin ich froh, dass ich hier raus bin“ sagte Cernan, als er aus der Mondfähre auftauchte. Er und Stafford verbrachten acht Stunden in „Snoopy“, nicht ahnend, dass er bei seiner nächsten Visite – Apollo 17 – diese Zeit um ein Vielfaches übertreffen würde.
Die Apollo-Kapsel „Charlie Brown“ landete nach 8 Tagen, 3 Minuten und 23 Sekunden am 26. Mai 1969 um 11:52:23 EST, im Pazifischen Ozean, 2,4 Kilometer von dem geplanten Aufschlagpunkt entfernt. Auf die Frage nach seinen Chancen nochmal zum Mond zu fliegen antwortete Young: „Sofort nach diesem Flug wurde ich zum Kommandanten der Backup-Crew von Apollo 13 bestimmt. Dadurch hatte ich sehr gute Chancen bei den noch ausstehenden Missionen auf den Mond zu fliegen.“
Die Landung auf dem Mond – Pilot, Forscher und Rennfahrer
Am 16. April 1972 um 12:54:00 EST startete John Young als Kommandant zu seiner wohl spektakulärsten und spannendsten Mission. Mit seinen Kollegen Thomas K. Mattingly als Pilot der Kommandokapsel und Charles M. Duke als Pilot der Mondfähre flog er mit Apollo 16 zum Descartes Hochland auf den Mond. „Ich erinnere mich noch gut an den Start von Apollo 16. Ich höre noch die Flugkontrolleure als sie sagten zweieinhalb Minuten – Stufentrennung . Wir wurden mit dem zweieinhalbfachen unseres eigenen Körpergewichtes in die Gurte gepresst als die Triebwerke der ersten Stufe abgeschaltet wurden. Das Zünden der zweiten Stufe war sehr heftig. Das war etwas mehr als beim Space Shuttle aber nach Erreichen der Erdumlaufbahn wurde der Flug sehr ruhig. Wir waren aber immer noch fähig die Instrumente abzulesen.“ Young war beim Start so „cool as a cucumber“ stellte Charlie Duke bei seiner ersten und einzigen Mission fest. „Wenn du ein Raumschiff fliegst, dann bist du so konzentriert auf das, was als nächstes zu tun ist. Wenn du darüber nachdenkst ob es für dich gefährlich ist dann hast du den falschen Beruf. Es ist deine Aufgabe die Schalter richtig zu betätigen oder den Computer richtig zu bedienen und dich auf diese Dinge zu konzentrieren. Es ist wichtig die verschiedenen Instrumente zu verfolgen, und zu prüfen, dass alle Systeme richtig funktionieren und sich keine Gedanken zu machen was passieren könnte. Wenn etwas schief gelaufen wäre, dann hätten wir bei der Saturn V eines der vier oder fünf Abbruchszenarien durchführen müssen.“
Apollo 16 Liftoff
Die Projektmanager und Wissenschaftler wählten eine wellige Gesteinsebene, nördlich des Descartes Hochlandes als geeigneten Landeplatz. Der Landeplatz lag um etwa 2.500 Meter höher als das „Meer der Ruhe“ bei der ersten Mondlandung von Apollo 11. Für Young war dies eine Rückkehr zum Mond. Young und Duke hätten aber die Mondoberfläche fast nicht erreicht. „Wir hatten genug zu tun die Mondfähre „Orion“ auszuchecken und auch die anderen Arbeiten zu erledigen. Wir waren nicht sicher ob wir überhaupt landen konnten. Nachdem wir die Mondfähre von der Kommandokapsel abgekoppelt hatten überprüfte Ken Mattingly verschiedene Systeme. Als er das Haupttriebwerk überprüfte spürte er eine starke Vibration in der Kapsel. Es sah danach aus, als ob wir die Landung abbrechen und zur Erde zurückkehren mussten. Die Flugkontrolleure im Missionskontrollzentrum stellten fest, dass das Haupttriebwerk der Kommandokapsel „Casper“ instabile Werte lieferte. Nach etlichen Checks waren sich die Flugkontrolleure sicher das es kein Problem mit dem Triebwerk gab und wir bekamen dann, nach sechs Stunden in Warteposition, den erleichternden Funkspruch „You have a Go for Landing“. Wir waren verdammt nah an einem Abbruch der Mission.“
Nun konnte der Anflug und die Landung beginnen. „Es ist ein flaches Gebiet übersät mit vielen Kratern. Wir mußten die Mondfähre „Orion“ auf einem kleinen flachen Stück landen. Das funktionierte sehr gut, aber „Orion“ stand nur etwa 3-4 Meter neben einem Krater von 30 Meter Durchmesser.“ Die Mondfähre war wie ein großer Helikopter mit einem Raketentriebwerk. Young betrat als neunter Mensch und kurz darauf Charlie Duke als zehnter Mensch den Mond.
„Wow, Mann, schau Dir das nur einmal an,“ rief Charlie aufgeregt. „Nun, Houston, wir müssen nicht weit laufen um Steine zu sammeln, wir sind mitten drin!“ meldete Young erleichtert.
„Mit wachsendem Selbstvertrauen wurden wir übermütig wie zwei Fünfjährige am Weihnachtsmorgen in einem Zimmer voller Geschenke. Das war ein Gefühl wie das beste Weihnachten, der beste Geburtstag und der Besuch eines Vergnügungsparks auf einmal. Wie die kleinen Kinder konnten auch wir immer nur wiederholen: FANTASTISCH – SUPER!“
John Young und Charlie Duke verbrachten 71 Stunden auf der Mondoberfläche und davon 20 Stunden und 14 Minuten außerhalb der Mondfähre. „Um uns an die 1/6 Schwerkraft zu gewöhnen haben wir sehr viel hier in Houston mit dem 1/6 Schwerkraft-Simulator trainiert und wir sind auch in der KC-135 dementsprechende Schwerkraft-Parabeln geflogen. Das hat uns sehr geholfen. Es war sehr angenehm bei dieser verminderten Anziehungskraft auf dem Mond zu arbeiten es ging sehr leicht und war für uns völlig normal und doch sehr überwältigend.“ schwärmte Young. Während der 3 Exkursionen, legten sie mit ihrem Rover eine Strecke von mehr als 27 Kilometern zurück. „Wir fühlten uns wie Christopher Columbus als wir aufbrachen. Charlie Duke als Navigator, Reiseleiter und Fotograf und ich als Fahrer. Charlie dirigierte mich von Punkt A nach B, von wo aus er Fotos schiessen wollte. Das Fahren mit dem Mondauto war so einfach und hat so viel Spass gemacht, als würde man eben mal zum Einkaufen oder zur Post fahren. Charlie und ich haben am Design des Lunar Rovers mitgearbeitet. Charlie arbeitete an der Entfaltungstechnik des Rovers, während ich unter anderem mit dem Steuerknüppel beschäftigt war. Mit solchen Steuerknüppeln können heute schwerbehinderte Menschen einen elektrischen Rollstuhl sicher mit nur einer Hand bedienen. Das ist nur ein Beispiel von vielen Systemen die aus der Raumfahrt auch im täglichen Leben zur Anwendung kommen. Meine Idee wäre, so einen Steuerknüppel in der Mitte im Auto zu montieren, damit dieser von beiden Seiten zu bedienen ist.“
Young erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 17,7 Stundenkilometer mit dem Rover als er übermütig wurde und sich wie ein Rennfahrer vorkam. Die Sache war nicht ungefährlich da das Gebiet übersät war mit Steinen. „Sicher, die größte Angst war es mit einer der Achsen an einem großen Mondstein hängen zu bleiben. Wenn mir das passiert wäre dann hätte ich den Rover stehen lassen und wir hätten zur Mondfähre zurücklaufen müssen. Das wäre das Ende unserer Fahrt gewesen. Unsere Exkursionen waren so geplant das wir bei einem Notfall genug Sauerstoff in unseren Druckanzügen hatten um immer noch die Mondfähre zu Fuß zu erreichen. Aber es hat tierischen Spaß gemacht.“ Sie aktivierten eine Vielzahl von Experimenten und passierten zwei der beeindruckendsten Wahrzeichen, die je ein Apollo-Astronaut gesehen hatte: Stone Mountain und den North Ray Krater, welcher 1,2 Kilometer breit und etwa 210 Meter tief war. „Stone Mountain, mit einer Steigung von 20 Prozent, war der steilste Hügel den wir hinaufgefahren sind. Wir sind hochgefahren wie mit einem Geländefahrzeug auf der Erde.“ schwärmt Young. Sie sammelten Gesteinsproben vom Kraterrand, welche vermutlich aus dem Grundgebirge hochgeschleudert worden waren, als ein aufschlagender Meteorit den Krater bildete. Unter den gesammelten Mondsteinen befand sich das bisher größte Einzelstück mit einer Masse von 11,34 Kilogramm. „Bei unseren drei Exkursionen war unser Zeitplan so vollgepackt das wir sehr damit beschäftigt waren, alle wissenschaftlichen Experimente aufzubauen und zu aktivieren. Wir arbeiteten die ganze Zeit sehr hart da wir befürchteten, dass uns die Zeit wegliefe. Deshalb war unser Aufenthalt auf dem Mond als sehr stressig zu bezeichnen. Mission Control packte mehr in den Zeitplan als wir überhaupt tun konnten und es die Zeit erlaubt hätte. Wir waren ständig in Eile. Aber nichts desto trotz hatten Charlie und ich während der Experimente eine großartige Zeit. Wir sprachen ununterbrochen und machten Witze. Fast genauso wie Laurel und Hardy. Manchmal war es fast, wie unser normales Training.“
Nachdem Young und Duke in den Mondorbit zurückgekehrt und wieder in die Kommandokapsel umgestiegen waren, kam erneut Spannung auf. Das vermeintlich defekte Triebwerk von „Casper“ musste zünden sonst wäre das der Untergang der drei Männer gewesen. Sie flogen dabei um die Rückseite des Mondes, wo die Zündung stattfand. Die Flugkontrolle in Houston, warteten angespannt auf die Bestätigung.
Apollo 16 LM Ascent Docking
Als der Funkkontakt wieder hergestellt war, verkündete Mattingly: „Die Stimmung hier geht gerade um einige hundert Prozent nach oben“. Das Triebwerk wurde erfolgreich gezündet und die Rückreise zu Erde begann. Apollo 16 wasserte 5,6 Kilometer neben dem geplanten Aufschlagpunkt, nahe dem Hauptbergungsschiff USS Ticonderoga.
Apollo 16 Recovery
Auf die Frage ob wir zum Mond zurückkehren sollten meint Young heute: Jawohl! Wir gehen zurück zum Mond und wir gehen auch zum Mars. Wir müssen es, weil die Technik die wir brauchen um auf dem Mond und dem Mars zu leben und zu arbeiten, die Technik ist, die die Menschheit überleben lassen wird. Wenn irgendwelche Katastrophen, beispielsweise durch Ausbrüche von Vulkanen oder Einschläge von Meteoriten stattfinden, muß eine Möglichkeit gegeben sein das die menschliche Art überleben kann. Mit einer Basis auf dem Mond könnten Menschen von der Erde zum Mond evakuiert werden. Man muss sich schon Gedanken machen, wie die Menschheit überleben soll. Niemand realisiert das wir 20 bis 40 Kriege auf der Erde haben wo einer gegen den anderen kämpft.
Ein finanzielles Problem? „Nein, es ist kein finanzielles Problem. Es ist ein „Will“ Problem. Wenn die Entscheidung getroffen wird, könnten wir in fünf Jahren auf dem Mond sein und in 10 Jahren auf dem Mars.“ bekräftigte Young mit Nachdruck.
Nach Abschluss des erfolgreichen Mondlandeprogramms, mit dem Flug von Apollo 17 im Dezember 1972 verließen die meisten der Apollo-Astronauten die NASA.
Während die Moonwalker Charles W. „Pete“ Conrad und Alan L. Bean in das Skylab-Programm eingebunden waren, widmete sich Young der Entwicklung des Space Shuttle Projekts. Im Januar 1973 wurde Young zum „Chief of the Space Shuttle Branch of the Astronaut Office“ ernannt. Seine Aufgabe bestand darin, für das Design und die Entwicklung des Space Shuttles technische und operationelle Unterstützung zu leisten. „Wir arbeiteten bereits am Space Shuttle, für dessen Entwicklung ich mitverantwortlich war. Es waren nicht mehr viele Astronauten da, fünf oder sechs arbeiteten am Space Shuttle und der Rest am Skylab Programm und am Apollo Sojus Test Projekt.“ konstatierte Young.
Das Zeitalter des Space Shuttle
Bereits in den 20er-Jahren wurde von den Raumfahrtpionieren Konstantin Ziolkowski, Robert Goddard und Hermann Oberth der Einsatz von wiederverwendbaren Raumfahrzeugen diskutiert..
Jede der führenden Luft- und Raumfahrtunternehmen der USA entwickelte Pläne für einen wiederverwendbaren Raumgleiter. Ursprünglich sollte auch die Startstufe mit Besatzungen zum Startort zurückgebracht werden. Aus Kosten- und Termingründen entschied man sich für die Kompromißlösung „Space Shuttle“, bei der nur der Orbiter und die Feststoffraketen wiederverwendbar sind. Der erste weltraumtaugliche Orbiter war die Columbia (OV-102), die am 8. März 1979 vom Hersteller Rockwell in Palmdale zur Edwards Air Force Base und noch im selben Monat zum Kennedy Space Center gebracht wurde. „Ich verbrachte die meiste Zeit im Simulator mit dem Design der Displays im Cockpit, dem Layout der Schalter und der Bedienung der Computer.“
Die Astronauten hatten nun ein völlig anderes Training als bei den vorangegangenen Projekten zu absolvieren. „Der große Unterschied ist, dass das Training für den Space Shuttle hauptsächlich mit Computern simuliert wird. Du hast deine Lektionen am Computer und du lernst wie die Systeme funktionieren. Es ist sehr kompliziert wie die einzelnen Systeme zu bedienen sind. Es sind mehr als 2000 Schalter, Ventile usw. und in einem 110-seitigen Buch ist die komplette Software beschrieben. Es dauert etwa drei Jahre an Training um den Space Shuttle fliegen zu können.“ erklärt Young.
Vor 20 Jahren Kommandant des Jungfernfluges von Columbia
John W. Young brach als Kommandant der Columbia, mit Robert L. Crippen als Pilot, am 12. April 1981 erneut zu einer zweitägigen Mission ins All auf. Ein Zeitfehler im Computersystem hatte den Abbruch des ersten Countdowns am 10. April 1981 zur Folge. Der zweite Countdown am 12. April und der Start, vor über einer Million Zuschauer am Cape, verliefen erfolgreich.
Mit diesem Start der Columbia, auf den Tag genau 20 Jahre, nachdem Juri Gagarin als erster Mensch ins All geflogen war, begann eine neue Ära in der Weltraumfahrt. Erstmals hob ein wiederverwendbares bemanntes Raumfahrzeug zu einem Flug ins All ab. Dieser erste Testflug der Columbia hatte nur das Ziel, so Young: „Sicherer Start und sichere Landung für Orbiter und Besatzung. Die Raumfähre, die Feststoffraketen und der externe Tank mussten die Flug- und Weltraumanforderungen erfüllen.“ Im Laderaum von Columbia befanden sich nur Geräte die alle Daten vom Start über den Aufstieg, dem Aufenthalt im All bis zur Landung in Kalifornien aufzeichneten. „Beim Start hatten wir ein Gesamtgewicht von etwa 2000 Tonnen. Wir wurden mit dem anderthalbfachen unseres Körpergewichts in die Sitze gedrückt. Die Haupttriebwerke wurde wegen der zunehmenden dynamischen Belastung nach etwa 30 Sekunden Flugzeit auf 78 Prozent ihres Schubes gedrosselt, das in der Fachsprache als „Throttle down“ bezeichnet wird. Die höchste dynamische Belastung trat etwa 50 Sekunden nach dem Abheben auf. Nach 70 Sekunden hieß es dann „Throttle up“ und wir gingen dann wieder auf vollen Schub.” beschreibt Young die Startphase.
Am 14. April stand das kritischste Manöver des gesamten Fluges auf dem Programm – die Landung. Dieses Manöver war so prekär, weil das Leben der Crew und der Erfolg der Mission nun von den etwa 32.000 Hitzeschutzkacheln der Raumfähre abhing. Diese Hitze-schutzkacheln müssen beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre Temperaturen von weit über 1.600 Grad Celsius standhalten, der Hitzeschild bewährte sich und Columbia landete sicher auf Runway 23 der Edwards-Airforce-Base in Kalifornien. Diesen ersten Testflug konnte man voll und ganz als Erfolg bezeichnen, auch wenn während des Starts einige Hitzeschutzkacheln verloren gingen. Diese STS-1 Mission dauerte 2 Tage, 6 Stunden, 20 Minuten und 53 Sekunden, dabei wurde eine Strecke von 1.730.053 Kilometer zurückgelegt.. Die Columbia umkreiste dabei 36 mal die Erde. „Es war ein sehr guter Testflug und er verlief auch wie geplant. Wir haben bei diesem Flug sehr viel gelernt, weil die ganze Startphase, im Vergleich zu den früheren Raketenstarts, völlig neu war. Beim Wiedereintritt hatten wir einen völlig neuartigen Hitzeschild, der sich bewährt hat. Wir landeten sicher auf einem Salzsee der Edwards Air Force Base in Kalifornien. Aufgabe dieses Testfluges war es, Problempunkte herauszufinden um sie zu verbessern. Es war eine gute Mission.“
Erster Flug von Spacelab
Young`s letzter Start mit ihm als Kommandant von STS-9 fand am 28. November 1983, um 11:00:00 EST. Damit ist Young der erste Mensch der sechs Raumflüge absolviert hat. Mit an Board waren Pilot Brewster H. Shaw, die Missionsspezialisten Owen K. Garriott und Robert A. Parker sowie die Nutzlastspezialisten Byron K. Lichtenberg und der Deutsche Ulf D. Merbold. Es war der sechste Flug der Columbia für eine Missionsdauer von 10 Tagen, 7 Stunden, 47 Minuten und 24 Sekunden dabei wurde eine Strecke von 6.912.027 Kilometer bei 167 Erdumläufen zurückgelegt.
Zum erstenmal bestand die Besatzung aus sechs Astronauten. Ebenso war dies der erste Flug eines Nichtamerikaners mit dem Space Shuttle. Ulf Merbold repräsentierte die Europäische Raumfahrt Agentur ESA. Dieser Flug war der Jungfernflug des europäischen Spacelab. NASA und ESA unterstützten und förderten gemeinsam Spacelab-1 und leiteten Untersuchungen über das Potential fortschrittlicher Forschungen im All. „Es war die erste Überprüfung und Nutzung des europäischen Spacelab im Weltraum. Als wir durch den Verbindungstunnel ins Spacelab wollten gab es eine kleine Aufregung. Die Luke zum Verbindungstunnel klemmte. Nach mehreren vergeblichen Versuchen drückte ich von oben mit dem Fuß drauf und plötzlich konnte ich sie öffnen. Wir hatten 70 Experimente an Bord. Seit 1978 arbeiteten die Missionsspezialisten Owen Garriott und Bob Parker sowie die Nutzlastspezialisten Byron Lichtenberg und Ulf Merbold am Spacelab. Sie waren daher sehr gut vorbereitet auf den Flug, der im November 1983 stattfand. Wir arbeiteten in zwei 12-Stunden-Schichten. Brewster hatte die Tagesschicht und ich die Nachtschicht. Wir hatten viele kleinere Defekte aber Bob Parker und Owen Garriott haben alles behoben. Die Mission war recht erfolgreich. Das herausragendste bei dieser Mission war die Züchtung von Kristallen die unter der Schwerelosigkeit reiner und größer waren als unter den Bedingungen der Schwerkraft auf der Erde.“
Bei dieser Mission wurden alle der 94 sogenannten „test objectives“ erfüllt. Während der zehntägigen Mission arbeitete die sechsköpfige Crew in 12-Stunden-Schichten an den Experimenten auf den Gebieten der Atmosphärenphysik, Erdbeobachtung, Plasmaphysik, Astronomie und Sonnenphysik, Materialforschung und Kristallzüchtung. Die Mission lieferte mehr wissenschaftliche und technische Daten und Ergebnisse als alle Apollo und Skylab Missionen zusammen. Young landete am 8. Dezember 1983 die etwa 110 Tonnen schwere Columbia im Gleitflug auf Runway 17 der Edwards Air Force Base. Wegen des eingebauten Spacelabs war Columbia mehr als 10 Tonnen schwerer als bei den vorangegangenen Missionen.
John Young ist bis heute der erfahrenste Astronaut des amerikanischen Raumfahrtprogramms. In einem Zeitraum von 18 Jahren flog er sechs Missionen in den Projekten Gemini, Apollo und dem Space Shuttle. Young war fast die gesamte Zeit seines Berufslebens Astronaut und hat bis heute, mittlerweile 71-jährig, immer noch den Astronautenstatus. Auf die Frage ob er gerne noch einmal Kommandant einer heutigen Shuttle Mission sein wolle, Young schmunzelnd: „Ich würde es sofort tun, aber meine Frau würde mich nicht gehen lassen!“
Eine außergewöhnliche Karriere
John Young wurde am 24. September 1930 in San Francisco geboren. Er ist verheiratet mit Susy Feldman aus St. Louis und Vater zweier Kinder und Großvater von zwei Enkelkindern. Zu seinen Hobbys gehört Windsurfen, Radfahren, Lesen und Gartenarbeit. Er besuchte die Orlando High School und erhielt sein Diplom als Flugingenieur vom Georgia Institute of Technology mit höchster Auszeichnung im Jahr 1952.
Nach diesem Abschluss trat er in die U.S. Marine ein. Nach der Grundausbildung von einem Jahr auf dem Zerstörer USS Laws begann er mit dem Flugtraining. Er gehörte vier Jahre zur Fighter Squadron 103 und flog Cougars und Crusaders. Nach seiner Ausbildung als Testpilot an der U.S. Navy Test Pilot School im Jahr 1959 arbeitete er drei Jahre im Naval Air Test Center. Seine Testprojekte beinhalteten die Verbesserung der Crusader und Phantom Waffensysteme. Im Jahr 1962 flog er Aufstiegs-Weltrekorde auf 3.000 Meter und 25.000 Meter Flughöhe in der Phantom. Bevor er zur NASA wechselte gehörte er als Offizier der Phantom Fighter Squadron 143 an. Im September 1962 begann seine bis heute andauernde außergewöhnliche Laufbahn bei der NASA.
Er absolvierte sechs Weltraummissionen: 1965 – Gemini 3, 1966 – Gemini 10, 1969 – Apollo 10, 1972 – Apollo 16, 1981 – STS-1, 1983 – STS-9. Außerdem gehörte Young zu fünf Back-up Crews. Er war Back-up Pilot bei Gemini 6, Back-up Kommandokapsel Pilot für die zweite Apollo Mission, vor dem Apollo 1 Feuer, sowie für Apollo 7 und Back-up Kommandant bei Apollo 13 und 17. Während der Vorbereitungsphase dieser elf Missionen verbrachte John Young mehr als 15.000 Stunden in Simulationen und Simulatoren.
Young hat mehr als 14.000 Flugstunden in Propeller-Flugzeugen, Jets, Hubschraubern, Raketenflugzeugen und Raumfahrzeugen inklusive seiner sechs Raumflüge wovon er insgesamt 34 Tage 19 Stunden 42 Minuten und 13 Sekunden im Weltraum verbrachte und davon etwa 71 Stunden auf der Mondoberfläche.
John Young verließ die NASA im Dezember 2004 und ging mit 74 Jahren, nach mehr als 42-jähriger Tätigkeit für die amerikanische Raumfahrtbehörde, in den Ruhestand!
Gerhard Daum, Raumfahrt-Journalist, führte das Interview mit John W. Young im März 2001 im Johnson Space Center in Houston, Texas.