Erfolgreiches Rendezvous nach mehr als zehnjähriger Flugzeit der Raumsonde Rosetta mit dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko
Über 6,4 Milliarden Kilometer hat die ESA-Raumsonde Rosetta seit dem Start am 2. März 2004 zurückgelegt, hat an Planeten Schwung geholt und zwei Asteroiden im Vorbeiflug angeschaut. Nach zehnjähriger Flugzeit ist sie am 6. August 2014 mit dem Lander Philae an Bord an ihrem Zielkometen angekommen und beginnt ihn zu umkreisen. Nun startet die Kartierung des Kometen, der aus zwei miteinander verbundenen Teilen besteht und am 11. November 2014 soll dann die erste Landung überhaupt auf einem Kometen erfolgen.
404 Millionen Kilometer ist die Raumsonde nun von der Erde entfernt. Schon während des Anflugs hat der nur 4 Kilometer große Komet Tschurjumow-Gerasimenko für Überraschungen gesorgt. Statt eines kartoffelförmigen Körpers blickten die Kometenforscher auf einen Körper, der ähnlich wie eine Ente aus Kopf und Körper bestand. Die erste Temperaturmessung zeigte dann, dass auf Lander Philae kein Komet mit viel Eis, sondern mit einer staubigen und wahrscheinlich sehr rauen Oberfläche wartet. Mit der Ankunft am Kometen werden die Wissenschaftler jetzt aus 100 Kilometern Höhe noch deutlich mehr über Tschurjumow-Gerasimenko erfahren.
Bild links: Start am 2. März 2004 der Raumsonde Rosetta an Bord einer Ariane 5 Rakete vom europäischen Weltraumzentrum Kourou in Französisch-Guayana.
Bild Mitte: Künstlerische Darstellung der Ankunft am 6. August 2014 von Rosetta am Kometen. Die Darstellung zeigt ein originales Foto des Kometen von Rosetta.
Bild rechts: Künstlerische Darstellung der Landung des Landegerätes Philae auf dem Kometen.
Elf Instrumente reisen auf der Raumsonde Rosetta mit, zehn Instrumente befinden sich an Bord des Landegerätes Philae und werden die ersten Daten direkt von einer Kometenoberfläche aus liefern. Bodenbeschaffenheit, Temperatur, physikalische Zusammensetzung des Kometenkerns, organische Moleküle – alles ist für die Kometenforscher interessant. Der Komet Tschurjumow-Gerasimenko ist ein Zeitzeuge aus der Entstehung unseres Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren. Kometen haben die Vergangenheit wie ein Kühlschrank in gefrorenem Zustand konserviert und tragen dadurch noch viele Merkmale aus den Anfängen des Sonnensystems in sich. Allerdings kann man auf den ersten Bildern erkennen, dass auch am Kometen die Zeit nicht spurlos vorbei gegangen ist. Zahlreiche exotische Strukturen auf der Oberfläche deuten auf eine gewisse Entwicklung hin, die es nun zu verstehen gilt. Außerdem könnten Kometen und ihre Einschläge dafür gesorgt haben, dass Wasser und Moleküle für die Entstehung von Leben zur Erde gelangten.
Für die Auswahl des Landeplatzes auf dem entenförmigen Körper für das Landegerät Philae muss mit den Daten der Kameras und der anderen wissenschaftlichen Instrumente die richtige Stelle ausgesucht werden. Dabei müssen zahlreiche Kriterien berücksichtigt werden. Philae benötigt zum Beispiel einerseits Sonne, damit die Batterien mit den Solarzellen immer wieder aufgeladen werden können, andererseits darf der Komet an seiner Oberfläche nicht schon zu heiß sein und zu stark ausgasen. In etwa 450 Millionen Kilometer Entfernung von der Sonne sind die Bedingungen dafür günstig. Aber auch die Rauigkeit der Oberfläche und die Beschaffenheit des Bodens sind entscheidend für eine sichere Landung. Nicht zuletzt ist eine gute “Sichtverbindung” zur Raumsonde Rosetta wichtig, um die gemessenen Daten der Instrumente regelmäßig über diese Verbindung zur Erde zu funken und vom Kontrollzentrum in Köln Kommandos an das Landegerät zu senden.
Ende August wird eine erste Auswahl stattfinden, wo bis zu fünf mögliche Landestellen festgelegt werden sollen. Die günstigen Gebiete für eine Landung befinden sich am Kopf sowie zum Teil auf dem größeren Kometenteil – der schmale Grat ist dafür ungeeignet. Mitte September werden dann aus diesen “Top Five” die beiden besten Landeplätze herausgefiltert. Mitte Oktober – ein Monat vor der Landung – fällt dann die Entscheidung, an welchem Ort auf Tschurjumow-Gerasimenko das Landegerät Philae aufsetzen soll.
Bild links und Mitte: Komet 67P/Tschurjumow-Gerasimenko fotografiert von Rosetta am 3. August 2014 aus einer Entfernung von 285 Kilometern.
Bild rechts: Hausgroße Felsbrocken, Krater und steile Klippen sind sichtbar in diesem Foto aufgenommen von Rosetta nach der Ankunft am Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko.
Da die Kommandos eine Verzögerung von 30 Minuten von der Erde zu Sonde und zum Landegerät haben, werden die Ingenieure beim Landevorgang selbst nicht mehr eingreifen können. Stattdessen wird wenige Stunden, bevor Philae von Rosetta aus wenigen Kilometern Höhe getrennt wird, von den Ingenieuren eine Computersequenz für den Abstieg und die Landung an die Raumsonde gesendet. Mit gerade einmal etwas mehr als drei Stundenkilometern sinkt Philae dann auf den Kometen hinunter. Damit er dort aufgrund der geringen Anziehungskraft von Tschurjumow-Gerasimenko nicht gleich wieder abprallt, werden unverzüglich zwei Harpunen in den Kometenboden gefeuert, die Philae auf dem kleinen Himmelskörper verankern. Zusätzlich drehen sich Eisschrauben in den Füßen des Landegeräts in den Boden, und eine Kaltgasdüse an der Oberseite von Philae drückt das Landegerät sanft in Richtung Komet. Durch die Verzögerung der Funksignale wird erst 30 Minuten nach dem geplanten Aufsetzen von Philae Gewissheit herrschen ob die Landung erfolgreich war.
Gemeinsam werden Rosetta und Philae den Kometen dann auf seinem Weg in Richtung Sonne begleiten – und beobachten, wie Tschurjumow-Gerasimenko zunehmend aktiver wird, Gas verströmt und Staubpartikel ins All schleudert. Die kontinuierliche Untersuchung aus einem Orbit und direkt von der Kometenoberfläche aus sind beides Premieren, die noch keine andere Mission bisher durchgeführt hat. Das Wissen über diese noch immer geheimnisvollen Himmelskörper wird mit der Rosetta-Mission deutlich anwachsen.